Es war verboten. Dennoch liebte ich es. Als Kind machte ich mir ein Spiel daraus, in Kaufhäusern die Rolltreppe in die falsche Richtung zu benutzen. Dadurch entstand eine unendliche Treppe. Egal, wie viele Stufen ich nach oben ging. Ich blieb immer auf der gleichen Stelle. Damit hatte ich das Laufband erfunden, noch bevor dieses in Fitness-Studios populär wurde. Doch es gibt auch eine weniger spaßige Variante des Rolltreppen-Spiels: Das Hamsterrad. Egal, wie schnell Du trittst, Du kommst nicht voran. Und je verzweifelter Du es versuchst, desto anstrengender wird es. Kennst Du auch Tätigkeiten, bei denen Du Dich abkämpfst, aber dennoch nicht das Gefühl hast, Fortschritte zu machen? Stichwort Postfacheingang - keine unbeantworteten Email zu haben ist der segensreiche Zustand, den Du Dir wahrscheinlich auch wünschst. Das Problem dabei: In dem Moment, indem Du eine Email, Text oder Sprachnachricht beantwortest, produzierst Du häufig eine neue. Denn der andere Mensch, will meistens antworten. Und je schneller Du darin wirst, Nachrichten zu beantworten, umso mehr erwirbst Du Dir einen entsprechenden Ruf. Die Folge sind noch mehr Emails von Menschen, die Dich mit ihren Wünschen und Fragen bombardieren. Die Nachrichten auf Deinem Smartphone oder Rechner sind keine Treppe, die Du einfach nach oben steigen kannst. Du wirst niemals ankommen. Durch Dein Antworten produzierst Du ständig neue Stufen. Materiell gesehen haben wir mehr als jede Generation zuvor. Doch der Reichtum im Außen, hilft den meisten Menschen, nicht dabei, sich glücklicher zu fühlen. Denn in der Tiefe empfinden sie einen tiefen Mangel: Den Mangel an Zeit. Das moderne Arbeits- und Privatleben stellt so viele Anforderungen, dass sich zwangsläufig viele Menschen überfordert fühlen. Sie träumen von der Work-Life-Balance. Doch dieses Modewort ist eine glatte Lüge. Zeitmanagement-Ratgeber gaukeln uns vor, dass Zeit etwas ist, was wir optimieren können. Jetzt noch ein bisschen schneller rennen und etwas mehr Selbstoptimierung betreiben, um alles unter einen Hut zu bringen und dadurch den erhofften Seelenfrieden zu finden. Tatsache ist, wir können dauerhaft keine Balance herstellen, weil irgendetwas immer unerledigt bleiben wird. Und je mehr wir uns anstrengen, alle Bälle gleichzeitig zu jonglieren, umso stressiger wird es. Auch auf dem spirituellen Markt gibt es viele Angebote, die an unser Streben nach Perfektion andocken und uns vorgaukeln, wir könnten alles gleichzeitig tun und haben: Die perfekte Morgenroutine. Hier noch ein Life-Hack, Yoga-Praxis machen, Dankbarkeits-Tagebuch schreiben, Transformations-Seminar, da noch einen Online-Kurs und schwups befinden wir uns im selbst erschaffenen Hamster-Rad. Die Wahrheit ist: Frieden und Entspannung sind bereits vorhanden. Genau in diesem Moment. Mitten in all Deiner Unvollkommenheit und Deinen unerledigten Aufgaben. Wann immer Du etwas tust aus einem inneren Mangel heraus, läufst Du dem Jetzt davon. Busy-Sein kann eine Strategie sein, das Fühlen zu vermeiden und schmerzhafte Entscheidungen aus dem Weg zu gehen. Dein Herz, weiß was es will. Nur der Verstand macht es unnötig kompliziert. Deine Seele lebt jenseits der Zeit. Und wenn Du Deiner Seelenaufgabe folgst, ist es o.K., wenn andere Dinge links liegen bleiben, sich unbeantwortete Emails in Deinem Postfach häufen oder andere Menschen sauer auf Dich sind, weil Du ihnen einen Wunsch abschlägst, um Deine Zeit zu schützen. Die Wahrheit ist: Wir brauchen nicht mehr Zeit, sondern mehr Energie. „Wenn Du es eilig hast, geh langsam“ hat Mahatma Ghandi mal gesagt. Als ich noch von der Idee von Zeitoptimierung besessen war, kam mir dieser Tipp ziemlich bescheuert vor. Es geht niemals um die äußere Zeit, sondern immer um die innere Zeit. Wenn Du Dich entspannst, kannst Du das Gefühl des Getriebenseins loslassen und in den Zustand von Flow eintauchen. Du erlebst Unendlichkeit im Augenblick und die Dinge gehen Dir mit Leichtigkeit von der Hand. Die Zukunft, die Du Dir wünschst, ist JETZT. Das Leben ist zu kurz für stressige Selbst-Optimierung, Ablenkungen auf Social Media oder einer Arbeit nachzugehen, die Dein Herz nicht erfüllt. Und wenn Du in Deinem Herz den Impuls verspürst, Thai Yoga zu lernen, warte nicht darauf, dass Du irgendwann genug Zeit dafür hast und alle Lebensumstände stimmen. Sorge selbst dafür! Herzens-Entscheidungen zu treffen, heißt auch Kompromisse zu machen. Weil Zeit keine unendliche Ressource ist, müssen wir manchmal „nein“ sagen, um zu anderen Dingen „ja“ sagen zu können. Das könnte konkret heißen, für die Thai Yoga Ausbildung in eine andere Stadt zu fahren, die eigenen Yogakurse vertreten oder ausfallen zu lassen oder Deine Familie sich selbst zu überlassen. Und wenn Dir diese Vorstellung Angst macht, ist das perfekt! Unwohlsein heißt nicht unbedingt, dass etwas falsch ist. Ich kann Dir versichern, dass ich mich manchmal immer noch unwohl fühle, wenn ich trotz unbeantworteter Emails den Laptop zuklappe oder dafür entscheide einen längeren Urlaub zu buchen. Dennoch vertraue ich meiner inneren Stimme, die mir sagt, dass es genau richtig ist. Lass uns gemeinsam aus dem Hamster-Rad ausbrechen! |