Ich muss etwas gestehen: Berührung fiel mir nicht immer leicht. Ich kann mich an eine Zeit erinnern, in der ich mich unwohl damit fühlte, fremde Menschen zu berühren. Während meiner Yogalehrer-Ausbildung erlernte ich beispielsweise Handgriffe, um meinen Yogaschülern zu assistieren und ihnen in Savasa Aufmerksamkeiten in Form von kleinen Massage-Einheiten zu schenken.
Doch Anfangs fühlte ich mich damit ziemlich unsicher. Ich fragte mich beispielsweise: Möchte dieser Mensch überhaupt von mir berührt werden? Mache ich das gerade richtig? Wie tief darf ich meinen Yogaschüler in eine bestimmte Asana hineinbringen?
Auf der Suche nach der Magie der Berührung
Antworten auf diese Fragen erhielt ich erst Jahre später, als ich mich auf die Reise machte – eine Reise, um die Magie der Berührung zu ergründen und die mich am Ende zu Thai Yoga führte. Mehrere Male reiste ich nach Thailand, wo ich manch spannende Erfahrung machte.
Bei einem meiner ersten Aufenthalte beispielsweise entschied ich mich gemeinsam mit meiner Reisebegleitung dazu, mir etwas besonders Gutes zu tun und eine zweistündige statt einer einstündigen Thai-Massage zu buchen. Was wir beiden nicht wussten – unsere Masseurinnen arbeiteten fast ausschließlich mit dem Ellenbogen. Die Worte „weniger Druck“ schienen sie auf Englisch nicht zu verstehen oder weigerten sich beharrlich, unserem Flehen nachzugeben.
Was ich aus diesem schmerzhaften Erlebnis lernte: Thai-Massage ist nicht gleich Thai-Massage. Es ist nicht die Technik allein, die eine angenehme Berührung ausmacht. Es kommt auch darauf an, wie man diese ausführt. Die gleiche Dehnung oder Drucktechnik kann von unterschiedlichen Menschen ausgeführt völlig unterschiedliche Wirkungen haben – je nachdem, wie die Qualität ihrer Berührung und ihr Geisteszustand sind.
Fotos: Nicole Wahl
Was ist Thai Yoga?
Häufig werde ich gefragt, ob Thai Yoga das gleiche wie klassische Thai-Massage ist. Auf technischer Ebene betrachtet scheint dies zunächst so zu sein: Neben Elementen aus Yoga, Physiotherapie und Osteopathie nutze ich in meinen Einzelsessions hauptsächlich Thai-Massage-Elemente.
Für mich ist diese oberflächliche technische Ebene jedoch gar nicht so entscheidend. Entscheidender als das WAS ist das WIE, d.h. die Qualität der Berührung. Ursprünglich ist Thai-Massage eine spirituelle Praxis und wurde in der Geisteshaltung der Achtsamkeit praktiziert. Doch heutzutage wird Thai-Massage leider nicht immer in Achtsamkeit ausgeführt.
Neben vielen großartigen Behandlungen erhielt ich in Thailand auch nicht wenige unachtsame Berührungen. So passierte es manchmal, dass sich während der Massage meine Masseurinnen untereinander unterhielten und Witze über mich machten. Oder das Handy klingelte und meine Geberin fing plötzlich an zu telefonieren – das Geschäft muss ja weitergehen.
Leider kein Einzelfall. „Thai-Massage ist doch das, wo sie Dir auf dem Rücken herumtrampeln“, bekomme ich manchmal zu hören. Um mich von solchen „unachtsamen“ Formen von Thai-Massage abzugrenzen und deutlich zu machen, dass es sich um eine spirituelle Praxis handelt, bevorzuge ich den Begriff Thai Yoga.
Was Deine Berührung angenehm macht
Meiner Erfahrung nach sind es vier Qualitäten, die eine Berührung wirklich angenehm machen:
- Achtsamkeit: Deine Fähigkeit, präsent im Hier und Jetzt zu sein
- Klarheit: eine klare Ausrichtung in Deinem Geist und in Deinem Körper finden
- Spüren: Deine Fähigkeit, Dich in einen anderen Menschen einzufühlen und Deiner eigenen Intuition zu folgen
- Hingabe: Bedingungslose Liebe und Hingabe, der Wunsch zu geben, ohne die Erwartung zu haben, irgendetwas dafür zurückzubekommen.
Mehr über die vier Säulen von Thai Yoga erfährst Du in diesem Video.
Was heißt das konkret?
Egal, ob Du eine vollständige Massage gibst oder einfach nur als Yogalehrer Deinem Yogaschüler eine Berührung als Assist geben möchtest, kannst Du die vier Qualitäten nutzen.
- Zunächst verbinde Dich innerlich mit Deiner eigenen Herzenergie und Deinem Wunsch, dem anderen etwas Gutes zu tun (Hingabe). Noch bevor Du ihn oder sie berührst, kannst Du damit eine innere Verbindung herstellen.
- Mit dieser klaren Intention finde eine Körperhaltung, die für Dich bequem ist und in der Deine Wirbelsäule gerade ist (Klarheit).
- Berühre Deinen Empfänger achtsam und behutsam, als ob Du dabei um Erlaubnis bittest (Achtsamkeit).
- Spüre gleichzeitig, wie der andere Körper reagiert. Öffnet er sich für die Berührung oder verschließt er sich. Wenn es sich um eine Drucktechnik oder eine Dehnung handelt, spüre, wann Du auf Widerstand triffst und vertraue dabei Deinem Gefühl (Spüren).
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Lesetipp
Den Ablauf einer vollständigen Thai-Yoga-Session und ausführliche Informationen zu den vier Qualitäten der Berührung erhältst Du in meinem Buch „Thai Yoga – Körper & Seele berühren“. Mehr Informationen darüber findest Du hier.